Die Schweizerische Energiestiftung SES verglich den Strommix des Jahres 2014 der vier grössten Energieunternehmen und stellt der Repower „kein gutes Zeugnis“ aus, wie die Südostschweiz 28. Juli schrieb. Der Grund: Die Repower produzierte im letzten Jahr 22 Prozent ihres Stroms aus klimaschädlichem Erdgas und belegt damit den „2. Platz im Sündenregister“ der Stiftung. Diese Einschätzung fiel für Repower jedoch vorteilhaft aus, denn das Gaskraftwerk der Repower lief nicht wie geplant.
Im Durchschnitt der Jahre 2009 bis 2012 war der Anteil der klimaschädlichen Stromproduktion mit 38% deutlich grösser und 2011 mit 45% sogar mehr als doppelt so hoch gewesen. Hätten nicht vermeintlich böswillige „Anti-Kohle Aktivisten“ aus dem Unterland die Repower vor der ökonomischen Katastrophe bewahrt und die ex Rätia Energie hätte in Kohlekraftwerke investieren können, würde das Bündner Unternehmen für Jahrzehnte an der Spitze der Rangliste der Schweizer CO2-Sünder stehen. Bei Strommarktöffnung wäre diese Platzierung sehr problematisch gewesen.
In einem wichtigen Punkt schneidet Repower schlechter ab als die Konkurrenz, jedoch beurteilte die Energiestiftung diesen für die Zukunft wichtigsten Sachverhalt nicht: Bei den drei grösseren Energieunternehmen gab es wegen der Fehlinvestitionen Wechsel in der Unternehmensführung. Bei Alpiq und BKW wurden ausserdem die Spitzen der Verwaltungsräte neu besetzt. Diese Unternehmen haben nun eine klare neue strategische Ausrichtung, die sich an Taten ablesen lässt. Bei Repower hingegen wartet man weiterhin vergeblich auf solche Veränderungen. Sie müssten von der Bündner Regierung ausgehen, denn der Kanton besitzt 56,7 Prozent der Repower Aktien. Der Kanton Graubünden sollte sich vom gefährlichen Grundsatz lösen, der Repower, bzw. den Verwaltungsräten, keine Auflagen zu machen. Dieser Grundsatz hat sich nicht bewährt.
Etwa in den letzten zehn Jahren investierten die Schweizer Stromkonzerne sehr erheblich in neue Kraftwerke im Ausland und dabei mehrheitlich in fossil-thermische Kraftwerke. In ungleich bescheidenerem Mass investierten sie in Windkraftwerke, hoben letztere Investitionen in der Kommunikation mit der Öffentlichkeit jedoch gerne selektiv hervor. (Warum die SES schrieb, die Repower habe beim Windstrom „mit einem Zuwachs von 2% am meisten vorwärts gemacht“, ist unklar. Repower wies 2013 einen Anteil von 5% aus.) Im Inland bauen Alpiq und Axpo ausserdem Pumpspeicherkraftwerke, wobei diese bei Baubeginn als Ergänzung zu den damals noch geplanten neuen Atomkraftwerken gedacht waren. (Jetzt aber werden sie gerne als «Rückgrat der Energiewende» dargestellt.) Um zu beurteilen, wie sich die Stromkonzerne in den letzten 10 bis 15 Jahren ausrichteten, ist das NE-F Diagramm prinzipiell geeignet. Dem oben gezeigten NE-F-Strom Diagramm liegen die Zahlen für Strom aus Neuen Erneuerbaren und für Fossilstrom zugrunde, welche auch die SES in ihrem „Dreckstrom“-vergleich verwendete, also die anteilige Stromproduktion 2014. Zu beachten ist die unterschiedliche Skalierung der Achsen für Neue Erneuerbare bis 7%, bzw. für Fossilstrom bis 30%.
Besonders Axpo, Repower und BKW profitieren bei dieser Darstellung im NE-F-Strom Diagramm von der geringen Auslastung ihrer Gaskraftwerke in Italien. Sie liefen im letzten Jahr nur rund 2000 Stunden. Die BKW schneidet relativ vorteilhaft ab, was sich aber schlagartig ändern wird, wenn das Kohlekraftwerk in Wilhelmshaven, an dem die BKW 33% hält, offiziell Strom produziert. (Bisher, und schon erstaunlich lange, ist das Kraftwerk offiziell nur im Probebetrieb.) Die BKW hat ausserdem — als einzige der hier verglichenen Gesellschaften — ihre Fossilstromkapazität im Berichtsjahr ausgebaut, da sie ihren Anteil am Gaskraftwerk Tamarete erhöhte. Die Alpiq ist andererseits in diesem NE-F Diagramm besonders schlecht positioniert, obschon sie als einzige der 4 Gesellschaften vor wenigen Jahren (2012) viel Fossilstromkapazität veräusserte — oder veräussern musste.
Das NE-F Diagramm ist eine nützliche Hilfe bei der vergleichenden Betrachtung der Stromkonzerne, denn die besonders beliebten und die besonders unbeliebten Formen der Stromproduktion werden hervorgehoben. Gleichzeitig wird die Stromproduktion aus relativ jungen Investitionen hervorgehoben. Die alten Kraftwerke (Wasser, Atom) dienen nur mitunter als Grundlage zur Bestimmung der prozentualen Anteile. Allerdings ist die Stromproduktion nicht die bestmögliche Vergleichsgrösse. Eine Beurteilung der Kapazität, also der Kraftwerksleistung im NE-F Diagramm wäre besser geeignet, da die Kapazität das Investitionsvolumen besser widerspiegelt als die marktabhängige Stromproduktion. Auch wäre es zur Beurteilung des Investitions- und Devestitionsverhaltens der Konzernleitung nützlich, die jüngeren Veränderungen der Produktionskapazitäten für neuen sauberen Strom oder für „Dreckstrom“ darzustellen.
Der Text dieses Beitrags, bis vor dem NE-F Diagramm, hätte ein Leserbrief als Antwort auf diesen Artikel in der Süsostschweiz sein sollen, wurde jedoch nicht abgedruckt.
Titelbild: Auschnitt des Diagramms („Dreckstromgraphik“) der Schweizerischen Energiestiftung SES, 2015