Zum vierten Mal in Folge legt die Repower einen negativen Abschluss vor. Der Geschäftsbericht 2016 zeigt ein sehr schlechtes Ergebnis für das Segment Schweiz. In Italien war das Marktumfeld vorteilhafter, aber dort verharrt das seit Jahren teuer beworbene und vielgelobte Dienstleistungsgeschäft bei praktisch null Ertrag. Die neue Strategie des Energiekonzerns bleibt weitgehend ein Papiertiger. Kosten spart Repower beim Personal — nicht aber demjenigen auf der Teppichetage.
Ausgesprochen schlechtes Ergebnis in der Schweiz
Unter Berücksichtigung des konzerninternen Energiehandels war das Ergebnis des Bündner Energieunternehmens in der Schweiz besonders schlecht. Der Ertrag des Dienstleistungsgeschäfts war hierzulande erheblich, fiel aber um 9 Millionen bescheidener aus als 2015. 1
Dienstleistungserträge in Italien weiter praktisch inexistent
Die Erträge aus der Energieproduktion führten in Italien, wo der Konzern den meisten Umsatz erwirtschaftet, zu einem vergleichsweise guten Ergebnis. Repower Italien beschäftigt über 100 Mitarbeitende und fast 600 Verkaufsberater. Es verursacht einen Betriebsaufwand (ohne Energie) von 78,3 Millionen. Dennoch gelang es dem Leiter des Italiengeschäfts wieder nicht, das Dienstleistungsgeschäft aufzubauen. Die Position, welche die Erträge aus Dienstleistungen beinhaltet, lag bereits im Jahre 2015 bei nur 2,2 Millionen Franken. Im vergangenen Jahr ging trotz teuren Werbekampagnen der Ertrag aus Dienstleistungen sogar auf 1,1 Millionen zurück. 2
Repower-Strategieumsetzung lässt auf sich warten
Über das im Zusammenhang mit der neuen Strategie abgegebene Versprechen, Strom in Zukunft sauber zu produzieren, steht im Geschäftsbericht nur: «Zudem prüft Repower die Veräusserung ihrer Strombezugsrechte aus Kernkraftwerk-Beteiligungsgesellschaften sowie des Gas-Kombikraftwerks Teverola in Italien.» Ausser dem Abstossen des Rumäniengeschäfts, dem Abholen von Subventionen und dem Personalabbau gibt es keinen nennenswerten Fortschritt bei der Strategieumsetzung. 3
Positive Darstellung des Fast-Konkurses
Ins Berichtsjahr fiel der zweifellos gravierendste Vorfall in der Geschichte des Unternehmens. Der Energiekonzern, bis dahin der grosse energiewirtschaftliche Hoffnungsträger des Kantons Graubünden, musste nach Zürich teilausverkauft werden. Diese Folge der Beinahe-Illiquidität wird im Geschäftsbericht als erfolgreiche Kapitalerhöhung gewürdigt.
Gelobter Verkauf von vielgelobter Wasserkraft
Im Geschäftsjahr 2016 gab es einen weiteren Sündenfall derselben Art — wenn auch von geringerem Ausmass. Die Repower trat rund einen Sechstel ihrer Wasserkraftproduktion aus eigenen Werken bis 2085 — also für annähernd 70 Jahre — via die Repartner AG ans Unterland ab. Repower stellt den Vertrag als «grossen Erfolg» und «klares Bekenntnis zur erneuerbaren Bündner Wasserkraft» dar. Dies obschon der CEO Kurt Bobst im Zusammenhang mit der Publikation des Jahresabschlusses der Südostschweiz sagte: «Früher oder später werden wir mit der Wasserkraft aber wieder Geld verdienen. Davon bin ich fest überzeugt.» 4
Für die Geschäftsleitung stimmt das persönliche Ergebnis
Der Jahresabschluss stimmt hingegen auf der persönlichen Ebene — in der Chefetage: Kurt Bobst, der den Konzern beinahe in die Pleite geführt hätte, erhielt eine Gesamtvergütung von 722’690 Franken, davon 143’000 als Bonus. Die Gesamtvergütung betrug für die auf vier Mitglieder reduzierte Geschäftsleitung fast drei Millionen. Seit 2013 wird dagegen in den tieferen Etagen des Bündner Energiekonzerns gespart: Der Mitarbeiterbestand ging auch 2016 stark zurück, von 656 im 2015, auf 583 — ausser in Italien, wo die Zahl der Angestellten unverändert blieb, aber innerhalb eines Jahres 25% mehr Vertriebsagenten unter Vertrag genommen wurden. 5
Für den verkleinerten Verwaltungsrat stimmt es auch
Die Gesamtvergütung des Verwaltungsrats blieb unter dem Banker Pierin Vincenz als neuen Präsidenten praktisch unverändert, obschon das Gremium von 12 auf 8 Mitglieder reduziert wurde. Da stellt sich die Frage, ob diese Verwaltungsräte ihr Geld wert sind, wenn sie sich weiter den Realitäten verschliessen und die erfolglose Geschäftsleitung gewähren lassen, besonders in Italien.
Frühere Beiträge auf retropower.ch über die wirtschaftlichen Probleme und Herausforderungen der Repower sind:
- Kann Repower das Italiengeschäft halten? (Ein kurzer Beitrag vom November 2015, Link)
- Das Italiengeschäft der Repower reisst den Konzern in den Abgrund (Ein ausführlicher Artikel vom Juni 2016, Link)
- Wasserkraft und Repower: in die nächste Sackgasse (Juli 2016, Link)
Anmerkungen
Anmerkung 1
Vgl. S. 108 des Geschäftsberichts, Segmentberichterstattung.
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Anmerkung 2
Selbst wenn die Wertaufholung des Gaskraftwerks ausgeblendet wird und wenn das Finanzergebnis teilweise dem Segment «Markt Italien» angelastet wird, bleibt das Italienergebnis im positiven Bereich (Segmentberichterstattung, Geschäftsbericht, S. 108). Die Postionen heissen in der Segmentberichterstattung «Betriebsaufwand (ohne Energie) – Dritte» (78,3 Millionen im 2016) bzw. «Übriger betrieblicher Ertrag – Dritte» (2,2 Millionen im 2016, die Position, welche die Erträge aus Dienstleistungen beinhaltet). Repower schrieb über die Stromproduktion in Italien: «Das Gas-Kombikraftwerk Teverola trug wesentlich zum guten Ergebnis der Produktion Italien bei und übertraf damit die Erwartungen. Dasselbe gilt für die drei Windparks Lucera, Corleto Perticara und Giunchetto, die mehr Strom erzeugten als in den Vorjahren.» (S. 19 des Geschäftsberichts). Retropower.ch berichtete hier über das gute Umfeld für Gaskraftwerke in Italien im vergangenen Jahr. Repower hat in Italien auch Zahlungsausstände im Wert von 22 Millionen Franken abgebucht. Gemäss der neuen CFO Brigitte Krapf, zitiert in der Südostschweiz vom 5. April 2017, erfolgte dies konsequenter als auch schon: «Wir haben nun alle überfälligen Forderungen zurückgestellt.»
Die Position, die Erträge aus Dienstleistungen beinhaltet, wird im Geschäftsbericht als «übriger betrieblicher Ertrag – Dritte» bezeichnet (S. 108). Obschon die Repower mit ihren Dienstleistungsangeboten in Italien nicht vom Fleck kommt, rückt sie der Konzern seit Jahren kommunikativ in den Vordergrund. Dabei spielen oft wohlklingende Bezeichnungen eine Rolle, wie zum Beispiel das Angebot für thermographische Aufnahmen namens VAMPA. In ihrer Medienmitteilung zum Konzernergebnis erschien der Repower diese Aktivität erwähnenswert: «Auch in Italien hat die LED-Technologie an Bedeutung gewonnen: Im Juli des vergangenen Jahres brachte Repower das Produkt DIODA auf den Markt und durfte bereits für über 70 Kunden herkömmliche Lampen durch energiesparende LED-Beleuchtungen ersetzen.» Wenn sie überhaupt ausreichend nachgefragt werden, ist Repower mit solch einfachen Dienstleistungen offenbar zu sehr in Konkurrenz zu kleinen lokalen Anbietern. Für die Zahlen vgl. Segmentberichterstattung auf S. 108 des Geschäftsberichts.
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Anmerkung 3
Bemerkung zur Strategieumsetzung, vgl. S. 28 des Geschäftsberichts.
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Anmerkung 4
Es handelt sich um 240 Gigawattstunden pro Jahr aus Kraftwerken im Prättigau (vgl. S. 8 des Geschäftsberichts). Repower hält 57% der Repartner AG selbst. Die meisten Minderheitsbeteiligten sind Schweizer Elektrizitätswerke im Unterland und in Liechtenstein. Repower produziert jährlich rund 660 GWh in eigenen Wasserkraftwerken. Die Aussage von Kurt Bobst, in der er seine Zuversicht über die positive wirtschaftliche Perspektive der Wasserkraft äussert, wurde in der Südostschweiz vom 5. April 2017 veröffentlicht. In derselben Ausgabe wurde auch der Vertrag mit der Repartner positiv gewürdigt. Die Südostschweiz schrieb dazu sehr korrekt, trotz des in Graubünden sensiblen Themas: «Repower ist es im vergangenen Jahr gelungen, die von ihr gegründete Repartner Produktions AG zu stärken. Der Bündner Energiekonzern und neun weitere an der Gesellschaft beteiligte Energieversorger schlossen gemeinsam einen langfristigen Energieliefervertrag ab.» Im Geschäftsbericht der Repower steht ausserdem: «Diese erfreuliche Erweiterung der Zusammenarbeit trug dazu bei, dass Repower ihre Longposition verringern konnte.» Der Widerspruch zu Kurt Bobsts Aussage als «klares Bekenntnis zur erneuerbaren Bündner Wasserkraft» wurde in Graubünden nach Wahrnehmung des Schreibenden nicht kritisch kommentiert.
Der faktische Verkauf von Wasserkraftwerken mag ökonomisch vernünftig sein, wie schon im vergangenen Jahr in einem Beitrag auf retropower.ch festgestellt wurde. Der Schreibende kritisiert den Vorgang nicht aus betriebswirtschaftlicher Perspektive. Ausserdem war dieser oder ein ähnlicher Schritt aufgrund von vielleicht bestehenden vertraglichen Abmachungen mit den Partnerwerken unumgänglich geworden, denn ursprünglich war vorgesehen gewesen, dass die Repartner überwiegend Strom aus dem von Repower damals geplanten Gaskraftwerk Leverkusen beziehen. Erstaunlich ist jedoch die positive Darstellung und zum Teil widersprüchliche Kommunikation des Defakto-Verkaufs von Wasserkraftwerken durch die Repower. Noch erwähnenswerter ist die Gleichgültigkeit von Medien und Öffentlichkeit in Graubünden gegenüber dem Abtreten der Wasserkraft ans Unterland, während im Bergkanton immer wieder der feste Glaube an die Zukunft dieser Energie postuliert wird.
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Anmerkung 5
Seit 2012 (769 Mitarbeitende) erfolgt ein kontinuierlicher Abbau der Belegschaft. Zahlen von Mitarbeitern und Vertriebsberatern mit Entwicklung seit 2012: vgl. S. 6 des Geschäftsberichts.
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