Aufgeflogenes 'grusiges' Lobby-Papier für die Alpiq, Titelblatt

Repower zuerst illiquid (NZZ, Independent Credit View, Studie)

Gestern, 22. Mai 2016, erschien in der NZZ am Sonntag ein Artikel mit den Titel Stromkonzernen steht das Wasser bis zum Hals. Der Autor ist Marco Metzler. Darin heisst es, von Alpiq, Axpo und Repower werde die letzgenannte zuerst illiquid. Der Artikel folgte auf eine Studie, die der Vorgehensempfehlung des Lobbyisten Dominique Reber von Hirzel.Nef.Schmid.Konsulenten entspricht. Das Vorgehen soll die Übernahme der Atomkraftwerke durch den Bund bewirken. Rebers Empfehlung war unbeabsichtigt in die Medien gelangt.

Nach dem Drehbuch, das detailgetreu in Rebers Konzept für die Alpiq beschrieben ist („für die Studienlancierung z. B. Forum Einstein, Leaders, Club Politique, Interviews (FuW, HZ, NZZ, Tages-Anzeiger)“), welches trotz Anmahnung („keine Indiskretionen“) durch ein Leck an die Öffentlichkeit gelangte, wird in der NZZ am Sonntag das Leiden der grossen Schweizer Energiekonzerne ohne ausreichende Anzahl gefangener Kunden beklagt. Dies zweifellos mit dem Zweck, das Terrain für staatliche Unterstützung vorzubereiten, was wohl erneut mittels „einer Allianz mit anderen Unternehmen in der „Wirbelsäule Wasserkraft“ und in Kooperation mit Gebirgskantonen und Energiedirektoren“ geschehen soll (a Gruass an Mario Cavigelli, widerwillig durch die Konsulenten-Lobbyisten gesandt).

Massnahmenplanung: Studien sollen die Grundlage für Medienberichte bilden. | Ausschnitt aus dem durch eine Indiskretion bekannt gewordenen "Public Affairs Konzept 2016" von Dominique Reber der Hirzel.Neef.Schmid.Konsultenten.
Massnahmenplanung: Studien sollen die Grundlage für Medienberichte bilden. | Ausschnitt aus dem durch eine Indiskretion bekannt gewordenen „Public Affairs Konzept 2016“ von Dominique Reber der Hirzel.Neef.Schmid.Konsultenten.

Der Bund und die Stromkonsumenten des ganzen Landes sollen gemäss dem Strategiepapier der „Konsulenten“ im Auftrag der Alpiq für die Fehler der Besitzerkantone von Alpiq, Axpo und Repower bezahlen. („Phase I: Das Problem wird thematisiert bis zum JUNI. // Es geht um eine nicht selbstverschuldete Marktentwicklung, die die Versorgung und die Wirtschaft der Schweiz bedroht. Die Rolle von Alpiq ist zu Schweigen.“)

Retropower.ch liegt das Schweigen weniger und wies entgegen der Empfehlung der „Konsulenten“ schon darauf hin, dass die Misere der drei Konzerne wegen ideologischer Verblendung und strategischer Fehler durchaus selbstverschuldet ist. Einen diesbezüglich anderen Aspekt beleuchtete Susan Boos in der WOZ.

«Ohne Hilfe von Eigentümern oder der öffentlichen Hand könne wohl zuerst Repower die Schulden nicht mehr bedienen ... » | Stromkonzernen steht das Wasser bis zum Hals. Marco Metzler in der NZZ am Sonntag vom 23. Mai 2016. Ausschnitt.
«Ohne Hilfe von Eigentümern oder der öffentlichen Hand könne wohl zuerst Repower die Schulden nicht mehr bedienen … » | Stromkonzernen steht das Wasser bis zum Hals. Marco Metzler in der NZZ am Sonntag vom 23. Mai 2016. Ausschnitt.

Repower besonders schlimm dran

Im Artikel der NZZ am Sonntag wird Repower als derjenige der drei Konzerne dargestellt, der zuerst zusammenklappen wird, ausser es gibt eine Rettung. Die schlimmsten Zeiten stehen angeblich noch bevor. Das mag sein.

Der NZZ Artikel stützt sich auf eine Studie des Unternehmens Independent Credit View (I-CV) mit dem Titel Sterben in Raten, deren Autoren gemäss NZZ am Sonntag erklären (Zitat):

Noch haben die Konzerne ihre Preise für zwei, drei Jahre am Markt abgesichert. «Wenn die heutigen Preise durchschlagen, wird Schweizer Wasser- und Kernkraft zum riesigen Geldloch», so die Autoren. «Alpiq, Axpo und Repower haben dann kein valables Geschäftsmodell mehr. Bei heutigen Preisen und Rahmenbedingungen sind sie wirtschaftlich nicht überlebensfähig», sagt Hess [einer der Autoren der Studie]. Ohne Hilfe von Eigentümern oder der öffentlichen Hand könne wohl zuerst Repower die Schulden nicht mehr bedienen (Wahrscheinlichkeit 20%), dann käme Alpiq (10%) und schliesslich Axpo (8%).

Die Studie, sie entspricht dem Public Affairs Strategiepapier von Dominique Reber — s. Kapitel 12. Massnahmenplanung, Punkt 2. (Studien) — kann man mit dem nötigen Kleingeld bei I-CV beziehen. Sie koste 5’000 Franken, wurde auf Anfrage mitgeteilt. Ob die NZZ am Sonntag diesen Betrag bezahlte? Wohl kaum. Dass die Lobbyisten und ihre studienschreibenden Handlanger mit ihrem eignen zweifelhaften Tun keine Probleme haben, ist grenzfällig aber noch eher verständlich.

«Richtig ‚grusig‘» ist es jedoch, wenn sich zuvorderst die NZZ, das Sprachrohr liberaler politischer Gesinnung in den Medien, für die zweifelhaften Machenschaften von notabene staatlichen Konzernen einspannen lässt.

Independent Credit View einsilbig

Es ist schön, das Wort „independent“ im Namen zu führen. Die Independent Credit View wollte die Frage nicht beantworten, welches der oder die Auftraggeber der Studie waren. Auch die Frage, auf welcher Grundlage, etwa auf welchem Zeithorizont, die Angabe über die Wahrscheinlichkeiten für die Illiquidität von Repower, Alpiq und Axpo basiert, wurde nicht beantwortet.

Kommentar

Wer soll den Schaden tragen, wenn die drei Konzerne leiden? Die betroffenen Kantone natürlich! Die Besitzerkantone haben in den fetten Jahren kassiert. Sie haben bei der Kontrolle versagt. Koste es die Umwelt was es wolle, strebten sie zusammen mit den überbezahlten Managern der staatlichen Konzerne viel höhere Renditen an, als die soliden und sicheren, die mit neuen Erneuerbaren erzielbar gewesen wären. Sie pokerten hoch und ‚grusig‘ und sie verloren. Jetzt sollen nach ihrem Willen andere dafür bluten. Organisierte Verantwortungslosigkeit ist das Konzept der Strombranche, durch und durch.

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